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Ist dein Tag gefüllt oder erfüllt?

 

Über diese Frage bin ich diese Woche gestolpert und möchte in diesem KlarheitsImpuls mit dir meine Gedanken und Beweggründe dazu näherbringen.

 

Hintergrund

 

Ich liebe Listen, Planung, Struktur und alles was in irgendwelcher Form etwas mit Gedanken aufschreiben, analysieren und reflektieren zu tun hat.

 

Lange Zeit machte ich all dies wohl eher, um mich und mein Leben zu kontrollieren. Um mich zu optimieren, noch besser, noch schneller und noch «perfekter» zu sein. Einfach alles im Griff haben. Es gab mir ein Gefühl von Sicherheit und völliger Kontrolle in meinem Leben.

 

Doch für mich hat sich herausgestellt, dass das eher ein Versteckspiel für mich war und ich so auch verhindern konnte, meine wahren Wünsche und Bedürfnisse zu leben.

 

Wandel

 

Irgendwann kam ein Wandel. Ich glaube, er kam mit dem Beginn meiner TCM-Ausbildung, jedoch spätestens mit dem Beginn meiner Praxistätigkeit im Jahre 2011.

 

Damals habe ich mich vor jedem Kunden stundenlang vorbereitet. Jede mögliche Option habe ich durchdacht und mir dazu ein passendes Behandlungskonzept erarbeitet mit nochmals X Varianten die auftreten könnten. Ich habe mich, in die am Telefon genannten Symptome eingelesen und jede mögliche TCM-Diagnose dahinter recherchiert.

 

Grundsätzlich war das natürlich eine super Lernübung und es hat mich, was mein Wissen über die ganze TCM und Schulmedizin betrifft, sehr viel weitergebracht. Das Ergebnis jedoch, auch nach all diesen Stunden war, dass dann alles doch anders kam. Obwohl ich doch bereits alle möglichen Varianten durchdacht hatte.

 

Mir gegenüber sass ein Mensch. So, wie du und ich es sind. Ein Mensch mit Geschichte, Emotionen, Sprache, Körperhaltung und Empathie. 

 

All mein Wissen aus meinen Recherchen half mir dabei, alles korrekt einzuordnen. Doch da war etwas, was in keinem Buch gestanden hat. Es war nämlich jedes Mal mehr, als einfach eine Anamnese und Diagnose, um danach ein Therapieprinzip und einen Behandlungsablauf zu erstellen. 

 

Es war das Zuhören, das aufmerksame und achtsame Zuhören. Es war das Nachfragen, das Verstehen wollen. Daraus ist plötzlich Anderes entstanden. Die Symptome waren plötzlich «nur» noch Symptome. Denn ich behandelte einen Menschen. Und zwar nicht nur einen, sondern einen ganz bestimmten Menschen. Denn wir alle sind völlig individuell und einzigartig. 

 

Mein Learning

 

Ich stellte fest, wenn ich meinem Gegenüber die Möglichkeit gebe, Raum einzunehmen, kann sich mein Gegenüber entfalten. Aber auch ich kann mich entfalten. Ich stecke mein Gegenüber nicht mit seinen Symptomen in eine Schublade, auch wenn ich diese ganzheitlich ansehe. Dieser Raum ermöglicht uns beiden den Platz einzunehmen, den es im Moment benötigt. Sobald wir Raum bekommen und haben, dann können wir beide uns auf unsere ganz einzigartige Art und Weise entfalten. 

 

Transfer

 

Diese Erkenntnis fand ich sehr spannend und ich versuchte mit meinem inneren Beobachter den Blick auf mich zu richten und zu schauen, wo ich mir Raum verbiete. Wo enge ich mich ein, um meine Entfaltung zu verhindern? Und später beschäftigte ich mich auch damit, mich zu fragen, weshalb ich das tue.

 

Ist dein Tag gefüllt oder erfüllt?

 

Ich habe für mich herausgefunden, dass es für mich persönlich sehr wichtig ist, Freiräume zu haben. Seien es fünf Minuten oder sogar einen Tag. Spielt keine Rolle. Doch, auch wenn diese Augenblicke auch noch so kurz sind, habe ich genau dann die Zeit einfach mal da zu sein. Und dann, kann ich hören wie es mir geht. Dann kann ich bewusst und achtsam mir selbst zuhören. Ich kann bei mir selbst nachfragen und erhalte die wertvollsten Antworten von mir für mich. Die besten Ideen tauchen dann auf und reifen mit jedem weiteren Mal mehr zu einem Ziel, welches ich beinahe fast im Flow erreichen kann.

 

Unvorhergesehenes bekommt ebenso Raum und ich habe die Möglichkeit, genau dieses Unvorhergesehene als Geschenk zu sehen. Als Botschaft für mein Weiterkommen.

 

Genau solche Tage sind erfüllend! Auch wenn sie im Kalender sehr gefüllt aussehen und ich auch ab und zu das Gefühl habe, dass ich vielleicht doch im «Chaos» versinken werde, weiss ich, dass wenn ich mir nur 5 Minuten einfach so für mich nehme, dann kommt Ruhe in die ganze Sache. Es kommt Struktur in alles. Den Raum, den ich dann zulasse, lässt Entfaltung zu und alles ordnet sich wie schon fast von Geisterhand. Plötzlich kommt etwas Wichtiges sehr präsent als Bild, Gefühl oder Gedanke und ich weiss was, in dem scheinbaren Chaos oder Gefühl nach Überforderung, diese eine Sache ist die ich als nächstes tun muss.

 

Jeden Tag aufs Neue

 

Mein Ziel ist es, jeden Abend dankbar in den Schlaf zu gleiten. 

Dankbar, auf den erfüllten Tag. Dankbar, dass ich mir Raum gegeben habe und dass ich mir zugehört habe. Dankbar für Begegnungen und Geschenke etc.
Falls der Tag mal eher gefüllt war und weniger erfüllend, dann bin ich ebenfalls dankbar. Denn auch an diesem Tag habe ich viel gelernt. Schon die Erkenntnis, dass es am heutigen Tag vielleicht nicht so viel Raum für mich gab, ist mit grosser Dankbarkeit wahrzunehmen. Ich verzeihe mir und versuche den neuen Tag als Geschenk zu sehen, um neue Entfaltung möglich zu machen.